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Gedichte

Kaltmond

gevatter-tod-auf-dem-friedhof

Die Sonne stirbt am Hügel.
Kein Glanz. Kein Gnadenlicht.
Nur kaltes Knacken im Geäst —
als zitterte die Erde.

Vom Hang her Hufschlag.
Metall in der Luft —
die Hecken halten den Atem an.

Aus aufgesprungenen Grabplatten
kriecht die Schattenbrut.
Höllenglut flackert; kalte Seelen
tanzen einen Reigen ohne Takt.
Glockenstahl zerreißt die Stunde.

Leere Augen – schwere Leiber
schleifen über nasse Erde;
der Friedhof flüstert Namen.

Fahl fällt der Mond. Ein Wolf
reißt die Stille auf wie nasse Leinwand.
Die Bäume kauern.

Auf schäumendem Schimmel,
die Mähne blutverschmiert,
tritt er hervor: Gevatter Tod —
Die Sense hoch — Funken im Luftzug.

Die Erde bebt: Risse laufen
wie schwarze Adern ins Feld.
Ein Atemzug — und Fäden reißen.

Schwefel steht in der Kehle.
Vom Hexenbaum stiebt Geflüster,
ein Kranz aus Krähen zieht seine Runden.
Das Dunkel dirigiert die blinde Jagd.

Purpurnes Halbdunkel: Dämmerung.
Die Sonnenglut stößt die Brut
zurück in Stein und Staub.
Hüterinnen des Lichts streuen ihr Leuchten
in den abkühlenden Atem der Nacht.

Der Tag kehrt ein — und dennoch:
unter der Zunge bleibt
ein Hauch von Asche.
Am Fenster ein Kratzen,
das keiner hört.